Edmund Schlink
Biographie Edmund Schlink (1903-1984)
Edmund Schlink kam am 6. März 1903 in Darmstadt als Sohn des Hochschulprofessors Wilhelm Schlink und seiner Frau Ella geborene Heuser zur Welt. Edmund Schlinks Schwester Klara, die Gründerin der Marienschwesternschaft (1904–2001 „Mutter Basilea“), empfing von der pietistischen Prägung ihrer Mutter stärkere Impulse als ihr Bruder. Ab 1922 studierte Schlink anfangs verschiedene Fächer und nach einer Krise, die er durch die Hinwendung zum christlichen Glauben überwand, Theologie. Seine psychologisch-philosophischen und theologischen Studien beendete er 1927 und 1930 mit Promotionen in beiden Fächern über Persönlichkeitsänderungen in Bekehrungen und Depressionen sowie das Problem der natürlichen Religion.
Nach theologischen Examina und Vikariat in Hessen wurde Schlink 1933 Hochschulassistent in Gießen. 1932 hatte er Elisabeth Winkelmann geheiratet, nach deren plötzlichem Tod 1938 die Schweizerin Irmgard Oswald. Aus beiden Ehen gingen vier Kinder hervor. In Gießen wurde Schlink 1934 mit einer Arbeit zur Anthropologie, Der Mensch in der Verkündigung der Kirche, habilitiert. Er besaß nun die universitäre Lehrerlaubnis, die ihm aber nach kurzer Zeit wegen seiner Mitgliedschaft in der Bekennenden Kirche wieder entzogen wurde. Daher folgte er 1935 dem Ruf an die Theologische Schule der Bekennenden Kirche in Bethel bei Bielefeld. Diese wurde jedoch schon 1939 durch die Geheime Staatspolizei geschlossen. Schlink arbeitete daher weiter als Vereinsgeistlicher von Bethel und verwaltete bis Kriegsende Pfarrstellen in Dortmund und Bielefeld. In der Betheler Zeit entstand Schlinks Theologie der lutherischen Bekenntnisschriften, die ihn nach Kriegsende international als Lutheraner bekannt machte.
Kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde Schlink 1945 in die westfälische Kirchenleitung berufen, er leitete das Predigerseminar der Landeskirche und unterrichtete an der Theologischen Schule in Bethel. Neben anderen hat Schlink die Kirchenführerkonferenz von Treysa vorbereitet und der neu zu errichtenden Evangelischen Kirche in Deutschland bleibende Impulse für deren doppelte Ausrichtung an Bekenntnis und Ökumene vermittelt.
Schon im Frühjahr 1946 wurde er auf den Lehrstuhl für Systematische Theologie an der Universität Heidelberg berufen. Interkonfessionelle Begegnungen im Kirchenkampf und Erfahrungen während der Kriegszeit waren für Schlink der Anstoß, sich im Lehramt der ökumenischen Aufgabe zuzuwenden. Er gründete noch im selben Jahr das erste Ökumenische Institut an einer deutschen Universität. Im Institut sollten die Theologie der Kirchen und ihre Einigungsbestrebungen wissenschaftlich untersucht werden. Damit sollte es – und ebenso das später neu errichtete Studentenwohnheim – der Annäherung der Kirchen und der Begegnung ihrer Mitglieder dienen.
1953 auf 1954 amtierte Schlink als Rektor der Universität. Schon bald arbeitete er in zwei wichtigen ökumenischen Gremien mit: dem Ökumenischen Arbeitskreis katholischer und evangelischer Theologen sowie in der Theologischen Kommission für das Abendmahlsgespräch der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Als Gründer und Mitherausgeber prägte er seit den 1950er Jahren die Zeitschriften Ökumenische Rundschau undKerygma und Dogma. Für seine Verdienste um Theologie und Kirche erhielt er 1947 und 1953 die Ehrendoktorwürde der Universitäten von Mainz und Edinburgh sowie 1962 des Institut de Théologie Orthodoxe Saint–Serge in Paris.
Auf internationaler Ebene war Schlink Mitglied der Studienabteilung des Ökumenischen Rates der Kirchen und der ÖRK–Kommission für Glauben und Kirchenverfassung. Als Referent und Mitglied des Kuratoriums von 1954 bis 1975 arbeitete er an der Graduate School des Ökumenischen Instituts Bossey in Céligny mit. Darüber hinaus beteiligte er sich als Mitglied des Akademischen Senats von 1971 bis 1980 an der theologischen Forschung des Ökumenischen Instituts für fortgeschrittene theologische Studien in Tantur / Jerusalem.
Als Delegierter nahm Schlink 1948 an der ersten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Amsterdam teil. Er war auch Mitglied des Drafting Committee der ersten Kommission und der Kommission für die Botschaft der Vollversammlung. Er wirkte durch Vorträge auch auf der dritten Vollversammlung der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung in Lund 1952 mit und auf der zweiten Vollversammlung des ÖRK in Evanston 1954. Sein Vortrag über „Die Bedeutung der östlichen und westlichen Traditionen für die Christenheit“ auf der Tagung des Zentralausschusses des ÖRK auf Rhodos 1959 stieß bei den Ostkirchen auf breite Zustimmung. Schlink beteiligte sich auch an den offiziellen Gesprächen zwischen der EKD und der Russisch-Orthodoxen Kirche.
Die dritte Vollversammlung des ÖRK 1961 steht im Schatten des Zweiten Vatikanischen Konzils ab 1962. Im Herbst 1961 besuchte Schlink im Auftrag der EKD erstmals das Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen in Rom. Als offizieller Beobachter der EKD nahm Schlink am Konzil teil und berichtete dem Rat der EKD von seinem Verlauf. Seine Berichte veröffentlichte er 1966 in dem Buch Nach dem Konzil. 1968 besuchte er die vierte Vollversammlung des ÖRK in Uppsala; 1969 erschien Die Lehre von der Taufe als Teil des umfangreichen Taufbandes im praktisch-theologischen Handbuch Leiturgia und als Separatdruck.
1971 wurde Schlink in Heidelberg emeritiert, seine Lehrtätigkeit war durch die politisierte Studentenschaft in den vorangegangenen Jahren erschwert worden. Zehn Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil veröffentlichte er unter dem Pseudonym „Sebastian Knecht“ 1975 die Erzählung Die Vision des Papstes. Durch diesen Roman möchte Schlink das ökumenische Engagement in einer Zeit, die schon von Krise und Stillstand der ökumenischen Bewegung sprach, fördern.
Auch im Ruhestand arbeitete Schlink weiter an ökumenischen Fragestellungen. Er nahm an der Arbeitsgemeinschaft ökumenischer Universitätsinstitute teil und erforschte im Vorfeld des Jubiläums von 1980 die ökumenische Bedeutung des Augsburger Bekenntnisses. Der Ökumenische Arbeitskreis veröffentlichte ab 1982 die Reihe Dialog der Kirchen, in der Schlink gemeinsam mit Karl Lehmann zwei Bände zu Ekklesiologie und Abendmahlslehre veröffentlichte. Neben der Gremientätigkeit stellte Schlink in Heidelberg seine abschließendes Hauptwerk, die Grundzüge der Ökumenischen Dogmatik, aus. Schon in seiner Betheler Zeit hatte Schlink angekündigt, der Theologie der lutherischen Bekenntnisschriften eine Dogmatik folgen lassen zu wollen. Erst 1983 erschien es in erster Auflage, weil die Lehrtätigkeit, das Zweite Vatikanische Konzil sowie weitere Konferenzen und Tagungen seine Zeit beanspruchten.
Edmund Schlink starb am 20. Mai 1984. Schlinks Schwiegersohn, der frühere badische Landesbischof Klaus Engelhardt, hielt die Beerdigungsansprache. In der universitären Gedenkveranstaltung am 5. Dezember desselben Jahres würdigten der Dekan der Theologischen Fakultät, Gerhard Rau, und der Nachfolger auf Schlinks Lehrstuhl, Dietrich Ritschl, das Lebenswerk des Verstorbenen. Nicht nur die Übersetzung seiner Hauptschriften, sondern auch zahlreicher kleinerer Abhandlungen und Aufsätze bezeugt die internationale Wirksamkeit seines Werkes schon zu seinen Lebzeiten. Auf einer Gedenkfeier am 13.2.2003 zum 100. Geburtstag Edmund Schlinks würdigte der damalige Leiter des Ökumenischen Instituts, Christoph Schwöbel, die Ökumenische Dogmatik. Schlinks Frau Irmgard verstarb am 6. März 2006.
– Dr. Jochen Eber
Die Gründung des Oecumenicums - ein Erfahrungsbericht